Ethnologie
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Prozesse der Subjektivierung und Selbst-Bildung von mit Familie geflüchteten Mädchen in Deutschland

 

Dieses Projekt betrachtet die Subjektivierung und Selbst-Bildung als ‚geflüchtet‘ adressierter junger Frauen zwischen 18 und 26 Jahren, die in der (ethnologischen) Forschung unterrepräsentiert sind. In ihrem Alltag begegnen ihnen teils miteinander verknüpfte Vorstellungen sozialer Differenz wie Alter, Klasse, Geschlecht, Ethnizität bzw. Nationalität oder Religion. Damit verbunden begegnen ihnen Erwartungen, wie sie sich entsprechend dieser Zuschreibungen zu verhalten haben. Ihr individuelles Selbstverständnis wird dabei selten erfragt und berücksichtigt.
Besondere Aufmerksamkeit widmet das Projekt der Verknüpfung von Genderstereotypen mit Kulturalisierungen bzw. Ethnisierungen in alltäglichen Praktiken des everyday bordering (Yuval-Davis). In der Forschung werden Ansätze aus der Theorie der Subjektivierung zum Zusammenspiel von Anrufung und Selbst-Bildung, Überlegungen zur Produktion von Differenz in Intersektionalitäts- und kritischer Migrationsforschung sowie ethnologische Diskussionen um Handlungsmacht als Ausgangspunkte genutzt, um das Geflecht von Anrufungen, in dem sich die jungen Frauen bewegen, zu beschreiben und um über die Möglichkeiten und Grenzen von Handlungsmacht im Rahmen diskursiv vorgegebener Subjektpositionen nachzudenken.
Dabei stehen insbesondere ihre Erfahrung des Asylsystems und der (zwangsweisen) Unterbringung in Sammelunterkünften sowie ihre Auseinandersetzung mit der Adressierung als ‚Geflüchtete‘ im Zentrum. Einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt bildet ihre ‚Klientelisierung‘ durch Vertreter*innen der Sozialen Arbeit. Die Untersuchung der Subjektivität und „alltäglichen“ Erfahrung als ‚geflüchtet‘ adressierter Frauen soll dazu dienen, im Sinne einer „cultural critique“ (Marcus/Fischer), ein detaillierteres Verständnis ihrer spezifischen Erfahrung gesellschaftlicher VerAnderung als ‚geflüchtete Frauen‘ zu erlangen und Alternativen zu verallgemeinernden Erklärungsversuchen und Homogenisierungen von „Flüchtlingen“, insbesondere „Flüchtlingsfrauen“, in der deutschen Gesellschaft aufzuzeigen.

Projektteam: Prof. Dr. Martin Sökefeld (Leitung) und Beatrice Odierna, MA (wissenschaftliche Mitarbeiterin)

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (SO 435/15-1)

 

Projektworkshop:

Follow the Agency - Handlungsmacht als gemeinsames Thema
ethnologischer Forschung und Sozialer Arbeit?
Institut für Ethnologie, LMU München, 16.-17. Februar 2023

Publikation:

Odierna, Beatrice (2021): Die Verwicklung der Ethnologin im Feld. Perspektiven für eine (selbst-)kritische Betrachtung ethnologischen Forschens zu Flucht, in: Maren Sacherer (Hg.), Überfällig – Überflüssig. Beiträge der Studierendentagung 2019 (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Ethnologie, Bd. 50), Wien: Univ. Wien, S. 68-74.

Odierna, Beatrice (2023): Social Work ›With Refugees‹ as a Site of Gendered Everyday Bordering. In: Berliner Blätter 88, 43–58.


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