Ethnologie
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Forschungsprojekt: Kashmiri-Diaspora

Dieses Projekt untersucht die Entwicklung und politische Mobilisierung einer Kaschmiri-Diaspora in Großbritannien. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei die transnationale Politik von britischen Kaschmiris sowie ihre politischen Engagements innerhalb Großbritanniens.

 

Migration nach Großbritannien

Kaschmiris im Vereinigten Königreich stammen ganz überwiegend aus Azad Kashmir, einem der beiden Teile des ehemaligen Fürstenstaates Jammu und Kaschmir, die heute von Pakistan kontrolliert werden. Schon vor dem 2. Weltkrieg begannen Kashmiris aus der Region Mirpur im Süden des heutigen Azad Kashmir, nach England zu migrieren. Als nach Kriegsende der britischen Industrie Arbeitskräfte mangelten, stieg die Einwanderung aus der Region stark an. Prozesse der Kettenmigration führten dazu, dass heute ein großer Teil der Bevölkerung von Städten und Orten wir Mirpur, Dodiyal oder Kotli in England angesiedelt sind. In England siedelten Kaschmiris relativ konzentriert in den West Midlands (vor allem in Birmingham), im Großraum London (vor allem Luton), in West Yorkshire (Bradford, Leeds), sowie im Raum Manchester.

Demonstration der JKLF in London, 2009Politische Engagements

Da Kaschmir nicht als Staat anerkannt ist und die britischen Kaschmiris über Pakistan nach Großbritannien reisten, wurden sie dort, auch als Folge der Einwanderungskontrolle, als Pakistaner registriert und wahrgenommen. Seit den 1960er Jahren sind Kaschmiris in Großbritannien politisch aktiv, zunächst vor allem in Bezug auf Azad Kashmir und Pakistan. Unter anderem wurde die Jammu and Kashmir Liberation Front (JKLF), die für den Beginn des Aufstandes im indisch kontrollierten Kashmir 1989 eine zentrale Rolle spielte, in Birmingham gegründet. Seit Ende 1980er Jahre sind Kashmiris auch in der englischen Lokalpolitik engagiert. Seit Mitte der 1990er Jahre setzen sich Kashmiris dafür ein, im multikulturalistischen System Großbritanniens als eigenständige ethnische Gruppe anerkannt und nicht unter Pakistaner subsummiert zu werden. Während diese Bemühungen auf lokaler Ebene in zahlreichen Städten wie Bradford, Birmingham, Manschester, Rochdale oder Leeds erfolgreich war, konnte die Anerkennung auf nationaler Ebene noch nicht durchgesetzt werden. Zur Zeit fordert die Kashmiri National Identity Campaign die separate Aufführung der Kaschmiris im Rahmen des nächsten britischen Zensus von 2011.

Das Projekt untersucht auf der Basis von Feldforschung in England (vor allem in Birmingham, Bradford, Manchester und London), in Pakistan und Azad Kashmir sowie im indischen Kaschmir verschiedene Formen des politischen Engagements von Kaschmiris in Großbritannien und im transnationalen Raum zwischen Europa und Kaschmir. Die Forschung wird von der Wenner-Gren Foundation gefördert.

 

Publikation aus dem Projekt:

Sökefeld, Martin (2014). Diaspora und soziale Mobilisierung: Kaschmiris in England und Aleviten in Deutschland im Vergleich: In: Nieswand, Boris; Heike Drotbohm (eds.): Kultur, Gesellschaft, Migration. Die reflexive Wende in der Migrationsforschung. Wiesbaden, Springer VS: 225-253.

Sökefeld, Martin (2013). Jammu and Kashmir: Dispute and diversity. In: Berger, Peter; Frank Heidemann (eds.): The modern anthropology of India: Ethnography, themes and theory. London, Routledge: 89-105.

Sökefeld, Martin (2012).  Secularism and the Kashmir dispute. In: Bubandt, Nils; Martijn van Beek (eds.): Varieties of Secularism in Asia: Anthropological explorations of religion, politics and the spiritual. London, Routledge: 101-120.

Sökefeld, Martin; Marta Bolognani (2011). Kashmiris in Britain: A Political Project or a Social Reality? In: Bolognani, Marta; Stephen M. Lyon (Eds.): Pakistan and its Diaspora: Multidisciplinary Approaches. New York, Palgrave Macmillan: 111-131.

Sökefeld, Martin (2009). Diaspora und soziale Mobilisierung: Kaschmiris in Großbritannien. In: Rürup, Miriam (Ed.): Praktiken der Differenz: Diasporakulturen in der Zeitgeschichte. Göttingen, Wallstein Verlag: 257-271.


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