Vortrag im Oberseminar
Am Montag, den 29. Mai 2017 hält Dr. Philipp Zehmisch einen Vortrag über "Grenzüberschreitende Ethik, Nostalgie und Fiktion in Indien und Pakistan"
29.05.2017 um 18:00 Uhr
Dr. Philipp Zehmisch (Center for Advanced Studies, LMU München)
Grenzüberschreitende Ethik, Nostalgie und Fiktion in Indien und Pakistan
Die Teilung des indischen Subkontinents vor 70 Jahren forderte geschätzt bis zu eine Million Todesopfer und verursachte den größten Bevölkerungsaustausch des 20. Jahrhunderts. Das politische Verhältnis der damals entstehenden Nationalstaaten Pakistan und Indien ist seitdem von einem konfliktreichen Antagonismus geprägt, welcher sich auf die geostrategischen, wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen beider Atommächte auswirkt. Der von Machtinteressen der Eliten gesteuerte Diskurs der Feindschaft nahm nicht nur maßgeblichen Einfluss auf den hegemonialen Diskurs der Nationenbildung in beiden Ländern, sondern auch auf die teilweise mit grotesken Fiktionen angereicherte Geschichtsschreibung der vorkolonialen und kolonialen Periode, sowie die von „Amnesie“ geprägte Erinnerungskultur der Teilung.
Konträr zu den antagonistischen „high politics“ lässt sich jedoch für die Bevölkerung beider Staaten des Subkontinents ein demotisches Bewusstsein und eine Nostalgie für das jahrtausendealte, gemeinsame kulturelle, ethnische, sprachliche, religiöse, soziale, legislative und administrative Erbe konstatieren. Dieses sublimierte, subalterne Bewusstsein, welches die dominanten und exklusiven Narrativen der Nation infrage stellt oder bricht, existiert vor allem in den diskursiven Randzonen des Staates: In synkretistischer religiöser und künstlerischer Praxis, in politischer Opposition, sowie in alltäglichem Widerstand.
Mein Vortrag analysiert grenzüberschreitende Imagination des „nationalen“ Anderen, welche immer auch Reflexionen des Selbst sind, und fragt nach den Motivationen, Träumen und Utopien verschiedener gesellschaftlicher Akteure, die offen oder verdeckt daran arbeiten, den Diskurs der Feindschaft und damit gesellschaftspolitische, kulturelle und geographische Grenzen zu brechen.
Wann? Montag, 29. Mai 2017 , 18 Uhr
Wo? Institut für Ethnologie, Oettingenstraße 67, 80538 München
Raum L155 (Obergeschoss) Lageplan
Für die Veranstaltungsreihe hat Herr Prof. Dr. Frank Heidemann in diesem Semester ein vielseitiges Programm mit interessanten Themen und ReferentInnen zusammengestellt.
Mehr Informationen über Vorträge Institut für Ethnologie für das Sommersemester 2017 finden Sie unter „Veranstaltungen".