Ethnologie
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"'Erstklassige Films für den Weltmarkt': Theodor Koch-Grünbergs kinematographische Aufnahmen von 1911 zwischen Ethnographie und Wissenschaftspopularisierung"

Am Montag, den 23. April 2012 referiert Paul Hempel im Oberseminar über die Arbeit des Pioniers der modernen Südamerikaforschung, die exemplarisch den frühen Einsatz audiovisueller Mittel in der Ethnologie zeigt.

23.04.2012

Vortrag im Oberseminar:

Paul Hempel, MA, Institut für Ethnologie, LMU-München:

„Erstklassige Films für den Weltmarkt“: Theodor Koch-Grünbergs kinematographische Aufnahmen von 1911 zwischen Ethnographie und Wissenschaftspopularisierung 

„Wenn das, was ich gesehen und erlebt habe, nicht, um mit Ihnen zu reden, [ein] ‚erstklassiger Film für den Weltmarkt’ geworden wäre, so muss ich drüben mein Publikum nicht kennen!“

(Koch-Grünberg an die Express-Films Co GmbH, 12.11.1911, Nachlass K.G., PUM, A13)

Der Pionier der modernen Südamerikaforschung, Theodor Koch-Grünberg (1872-1924), hatte auf seiner dritte Reise 1911-13 neben den bewährten photo- und phonographischen Apparaten erstmals auch einen kompletten Kinematographen-Aufnahme-Apparat, sowie etwa 3000 Meter Negativmaterial im Gepäck. Trotz vorzeitiger Flucht des Kameramanns und massiver technischer Probleme gelangen dem Forscher und seinem Begleiter Hermann Schmidt die nach eigenem Bekunden ersten Filmaufnahmen bei südamerikanischen Indianern. Bei den Dreharbeiten im venezolanisch-brasilianischen Grenzgebiet stand neben einer eher vage artikulierten wissenschaftlichen Zielsetzung die Aussicht auf eine kommerzielle Verwertung des Materials deutlich im Vordergrund. Wie viele seiner Kollegen nutzte auch Koch-Grünberg das (damals) starke öffentliche Interesse an ethnologischen Themen für diverse Nebenverdienste  außerhalb des akademisch-musealen Kontexts.

Die im Nachlass des Grünberger Forschers an der Philipps-Universität in Marburg erhaltenen Korrespondenzen und Tagebücher bieten neben den veröffentlichten Reiseschilderungen einen seltenen Einblick in die Hintergründe, den Verlauf und die Probleme der Filmarbeiten sowie die anschließende Verwertung des Materials. Der Vortrag zeigt, wie ethnologische Feldforschungspraktiken und –kontexte bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch den Einsatz und die Vermarktung ‚Neuer Medien’ geprägt waren. Davon ausgehend wird der Stellenwert früher ethnographischer Filmaufnahmen an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit beleuchtet und die Frage aufgeworfen, wie sehr der Blick auf „sekundäre“ Verwertungsformen die (Selbst-)Wahrnehmung und Darstellung der jungen Disziplin beeinflusste.

Wann? Montag, 23. 04. 2012, 18.00 – 20.00 Uhr

Wo? Raum 123, Oettingenstr. 67, 80538 München


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