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Yanomami-Sprecher Davi Kopenawe zu Besuch im Institut für Ethnologie

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Anlass für den Besuch in München war das dreiteilige Musiktheater „Amazonas“, das im Rahmen der Musikbiennale 2010 uraufgeführt wurde und dessen Produktion seit gut fünf Jahren maßgeblich vom Goethe-Institut vorangetrieben worden war. Mehrere Künstler und Komponisten hatten in Vorbereitung des Musikereignisses Watoriki, das Heimatdorf von Davi Kopenawe, besucht und dort im Agieren der Yanomami-Schamanen eine Analogie zur eigenen künstlerischen Kreativität und der jeweils erwirkten Virtualität erlebt.

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Angeführt wurde die Delegation von Davi Kopenawe, dem seit Jahren international  bekannten Sprecher der Yanomami. Davi Kopenawe wurde begleitet von seinem Sohn Dário Vitório Xiriana und Enio Mayanawa Yanomami. Dário und Enio sind beide Lehrer; Dário Xiriana leitet derzeit die Organisation Hutukara Associação Yanomami, die auf politischer Ebene die Belange der brasilianischen Yanomami durchzusetzen versucht, Übergriffe von illegal auf ihrem Gebiet operierenden Goldsuchern oder anderen Schatzsuchern melden und den Ausbau von Schulen auf dem Yanomami-Gebiet vorantreibt. Vor ihrer Reise nach München wünschten sich die Yanomami-Besucher Begegnungen mit hiesigen Lehrern und vor allem mit Schülern. Die Verbindung zur nächsten Generation erscheint ihnen als für ihr eigenes kulturelles Leben, wie aber letztlich auch für das Überleben aller Menschen der Erde als wichtig. Dr. Gabriele Herzog-Schröder, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts, die im Zusammenhang mit dem Begleitprogramm zum Musiktheater mit dem Goethe-Institut in Beziehung stand, schlug den Yanomami die Einladung in ein Universitätsseminar vor. Die Yanomami sagten spontan zu und kamen in Begleitung des französischen Anthropologen Bruce Albert, der seit über 30 Jahren mit den Yanomami arbeitet.

Die Veranstaltung fand im Rahmen des Seminars: „Die edlen Wilden und die Katastrophe, oder: Avatar ist Realität“ statt, in dem Strategien der Repräsentation amazonischer Indigener zwischen Widerstand, Integration und selbstinszenierter Indigenisierung diskutiert werden.

Nach einer Einführung von Dr. Gabriele Herzog-Schröder erklärte Dário Xiriana  in portugiesischer Sprache die Arbeit und Herausforderungen der Hutukara Associação Yanomami. In seinen Bestrebungen, das Leben der Yanomami in Brasilien zu sichern und zu verbessern, bezieht sich Dário Xiriana unmittelbar auf die Erfahrungen seines Vaters, Davi Kopenawe: als vor gut 20 Jahren Zigtausende meist landlosen Brasilianern auf der Suche nach Gold ins Gebiet der Yanomami eindrangen, forderte diese Invasion das Leben von etwa 15% der dortigen Bevölkerung. Nur internationaler Protest und massiver Druck auf die Regierung des brasilianischen Bundesstaats Roraima konnte die Sprengung zahlreicher illegal angelegter Flugpisten und damit den Stopp des Zustroms von Invasoren bewirken. Vom Kontakt zu Unterstützern in der ganzen Welt versprechen sich Dário Xiriana und Davi Kopenawe vor allem Schutz vor erneuten Übergriffen – ein Szenario, das beim derzeit steigenden Goldpreis von bedrängender Aktualität ist.

Dário Xiriana erläuterte weiterhin die Bedingungen, unter denen Schulen im Yanomami-Land aufgebaut und das Bildungssystem ausgeweitet werden. Dabei wird versucht, das Bildungsniveau anzuheben – dies z.B. über bilingualen Unterricht – um die Kommunikation nach „außen“ zu gewährleisten, zugleich aber die eigene Kultur möglichst umfassend zu erhalten. Dário Xiriana erwähnte auch die Schwierigkeiten bei der Anerkennung indigener und autonom verwalteter Schulen, besonders bezüglich des Erhalts staatlicher Subvention.

In einem weiteren Programmpunkt erläuterte Davi Kopenawe, auf Wunsch vieler ZuhörerInnen, die Prinzipien des von ihm praktizierten Schamanismus und die Wesenhaftigkeit der Geister des Waldes, mit denen er in seiner spirituellen Praxis operiert. Diese Ausführungen formulierte Davi Kopenawe in seiner indigenen Sprache. Bruce Albert übersetzte ins Englische.

In einer abschließenden Diskussion führte Bruce Albert den Ansatz der „invertierten Ethnologie“ aus, den er zusammen mit Davi Kopenawe verfolgt und bei der die Perspektive umgedreht wird: die Yanomami überprüfen die Weißen und deren Vorstellung von indigenem Leben. 

Zwar konnten nicht alle der zahlreichen Fragen befriedigend beantwortet werden, doch bleibt dieses Treffen allen Beteiligten sicher noch lange eindrücklich im Gedächtnis.

PUBLIKATION:

The Falling Sky

Mehr Informationen und Leseprobe

Bruce Albert, Davi Kopenawa. 2013. The Falling Sky: Words of a Yanomami Shaman, translated from the French by Nicholas Elliott and Alison Dundy. Belknap Press/Harvard University Press, 622 pp.

Bruce Albert, Davi Kopenawa. 2010.  La chute du ciel. Paris, Edition Plons.

FACEBOOK:

facbook logo klein  The Falling Sky: Words of a Yanomami Shaman

WEBSITE: 

Webseite des Musiktheaters Amazonas

 




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