Ethnologie
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Unbegleitete Minderjährige, Zeltcamps, und politischer Aktivismus: Auswirkungen von Fluchtmigration in Paris

Daniel Rubner

Frankreich hat eine lange Migrationsgeschichte. Doch das einstige Aufnahmeland Frankreich hat seine Zuwanderungspolitik mittlerweile stark zu Ungunsten der Neuankömmlinge verändert. Die restriktive und ablehnende Politik lässt sich besonders gut in Paris beobachten. Hier kommen Tag für Tag neue Menschen an, die ihr Glück in der Hauptstadt suchen. Als Mitarbeiter bei der Organisation Utopia56 kümmerte ich mich um die Neuankömmlinge, die von staatlicher Seite nicht versorgt wurden. Häufig waren es Minderjährige, die als volljährig eingestuft wurden, ohne Schlafplatz waren und in einem langwierigen, teils kostspieligen Prozess ihre Minderjährigkeit nachweisen mussten. Viele waren in von Utopia56 organisierten Zeltcamps untergebracht, die sich meist unter Autobahnbrücken an den Stadträndern von Paris befanden. Häufig begleitete ich auch Minderjährige zu Gerichtsterminen und setzte mich so mit dem komplexen und diskriminierenden Asylsystem auseinander. Neben den Zeltcamps konnte ich beobachten, wie ungenutzter Raum zu einem lebenswerten Ort umgestaltet wurde: Die erfolgreiche Besetzung eines alten Bürogebäudes im 9. Arrondissement durch das Kollektiv La Chapelle Debout gemeinsam mit 80 Migranten, das zu einem Ort des Austauschs, des Widerstands und des politischen Kampfes wurde. Diese Feldforschung, die mir tiefe Einblicke in die Lebenswelten junger Männer im Kontext von Fluchtmigration ermöglicht hat, war zugleich auch ein Lernprozess, sowohl auf fachlicher als auch persönlicher Ebene.