Ethnologie
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Eine Ärztin auf Talfahrt

Auf den Spuren des Hunza-Mythos

Susanne Holländer

Im Sommer 1954 machte sich Irene von Unruh alleine auf den Weg zum Hunza-Tal im Norden Pakistans, um als promovierte Ärztin den Hunza-Mytos zu untersuchen. Damals sagte man den Bewohnern dieses schwer zugänglichen und isolierten Tales im Karakorum-Gebiet ein phänomenal gesundes und sehr langes Leben nach, ganz ohne Medizin, nur durch die Ernährung mit Rohkost und den Genuss des mineralhaltigen Gletscherwassers. Viele glaubten in dieser Zeit an den Mythos dieser gesunden und friedfertigen Menschen, so auch Maximilian Bircher-Benner, der Anfang 1900 seine „revolutionäre“ Rohkost-Ernährungstherapie vorstellte, die als Bircher Müesli weltbekannt wurde. Sein Sohn Ralph veröffentlichte das Buch „Hunza, Das Volk, das keine Krankheiten kennt“. Er sah die Bewohner des Hunza Tals - obwohl er es nie besucht hat - als lebenden Beweis für diese Ernährungslehre an.
Irene von Unruh gelangte zur Erkenntnis, dass viele Menschen auch dort unter Krankheiten litten und widersprach den Thesen Ralph Bircher in ihrem 1955 erschienen Buch „Traumland Hunza“, das sie nach Ihrer Reise herausgab. Erstaunlich ist, dass ihre im Buch veröffentlichten Fotografien ausschließlich Bilder von gesunden und vitalen Menschen zeigt, Widerspruch zu Ihrer Entdeckung sind.

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Das Bild „Hunzatrauben“, das einen schlanken Mann mittleren Alters mit einem Teller frisch gepflückter Trauben darstellt, suggeriert eine bewusst gesunde Ernährungsweise. Ebenso zeigen die Portraits „Mädchen“ und “Hunzafrau“ eine Sehnsucht nach glücklichen und gesunden Menschen. Dieser Blick ist nicht ganz unproblematisch, da sie als Ärztin und Ernährungswissenschaftlerin Armut, Krankheiten und eine ungesunde Lebensweise vorfand. Aus einem Brief an Ralph Bircher:
Gegenüber Ihrer Annahme, […] möchte ich ausdrücklich betonen, dass ich täglich Kranke behandelte, wozu ich meist in ihre Häuser gerufen wurde und auf diese Weise sowohl in besser gestellte, als auch in die ärmsten Familien hineingesehen habe.“
(Brief von Dr. med. Irene von Unruh an Ralph Bircher, 13. Nov. 1954)

 


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