Ethnologie
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14.12.2022

Tauber, Elisabeth (2006): Du wirst keinen Ehemann nehmen! Respekt, Bedeutung der Toten und Fluchtheirat bei den Sinti Estraixaria. Münster: LIT Verlag.

Diese Doktorarbeit (betreut von Herrn Heidemann hier an unserem Institut) über Sinti in Norditalien behandelt zentral den Respekt für die Toten und dessen Zusammenhang mit Fluchtheirat. Noch nie von Fluchtheirat gehört? Na dann wird’s höchste Zeit, diese Ethnographie zu lesen!
Aber um die Spannung nicht zu groß werden zu lassen: Fluchtheirat ist, zumindest in diesem Kontext, die Heirat nicht durch eine Feier oder Zeremonie, sondern die gemeinsame Flucht eines jungen Paares, das Untertauchen für eine bestimmte Zeit, bevor die Wiedereingliederung in das alte Umfeld stattfinden kann und das Paar als verheiratet angesehen wird. Notwendig ist dies, weil die Eltern eine Heirat eigentlich immer verhindern wollen. Aber warum wollen sie das und was hat das mit dem Respekt für die eigenen Toten zu tun? Die beste Antwort darauf gibt Elisabeth Tauber selbst, die in einem wunderschönen Stil die Lebensrealität der Sinti beschreibt und dabei vor allem auch Wert darauflegt, die Ausdrücke und Redewendungen der Sinti bei der Übersetzung ins Deutsche mit zu übernehmen, um ihre emische Perspektive besser zu vermitteln. Dies führt zu einem ganz besonderen Leseerlebnis, bei dem man richtiggehend in die Welt der Sinti eintaucht.
Spannend finde ich außerdem, dass Elisabeth Tauber die Feldforschung für ihre Doktorarbeit durchgeführt hat, nachdem sie selbst mit einem Sinto geflüchtet ist, ihn also geheiratet hat. Die Autorin kann dementsprechend aus eigener Erfahrung über die Fluchtheirat berichten und kommt damit der emischen Sichtweise so nah, wie es Ethnolog*innen wohl jemals möglich ist.

Vroni Heitmeier

Adventskalender 2022 Bild 14




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