Ethnologie
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09.12.2022

Descola, Philippe. 2017. La composition des mondes: Entretiens avec Pierre Charbonnier. Paris: Flammarion.

Es gibt in Frankreich eine lange Tradition von Interviews in Buchlänge, in denen bekannte Wissenschaftler:innen zentrale Elemente ihrer theoretischen Entwürfe in allgemeinverständlicher, oft anekdotischer Form präsentieren. Sie adressieren damit nicht allein ein breites Publikum, auch für Leser:innen vom Fach stellen solche Bände eine willkommene Lektürehilfe zu den oft bis an die Grenze zur Unverständlichkeit (und darüber hinaus!) verdichteten theoretischen Ausführungen dieser Autor:innen dar. Und sie haben noch einen weiteren angenehmen Nebeneffekt: Gerade französische Wissenschaftler:innen lösen sich bisweilen in der sterilen Anonymität einer objektivierenden Autorenposition auf. In den Interviewbänden hingegen erhalten sie wieder ein menschliches Gesicht. Hier können sie sich nicht auf ein abstraktes „man“ oder „wir“ zurückziehen, sondern begegnen uns als Menschen aus Fleisch und Blut.
In seinen Gesprächen mit Pierre Charbonnier legt Philippe Descola entsprechend nicht nur dar, welche Erfahrungen und Überlegungen ihn beim Verfassen seines opus magnum Jenseits von Natur und Kultur leiteten und wie sich die Kernthesen des Werks zusammenfassen lassen. Wir erfahren auch, wie und warum er überhaupt Ethnologe wurde. Das Buch berichtet in amüsanter Form von den internen Grabenkämpfen der französischen Ethnologie der 1970er und 80er Jahre und löst schließlich eines der großen Rätsel unserer Disziplin: Wie hatte man, wenn man im Laboratoire d’anthropologie sociale das Glück hatte, Claude Lévi-Strauss persönlich über den Weg zu laufen, den Meister anzusprechen?

Thomas Reinhardt

Adventskalender 2022 Bild 09




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