Ethnologie
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Vortrag im Oberseminar

Am Montag, den 8. Dezember 2014 hält Prof. Dr. Boris Nieswand (Universität Tübingen) einen Vortrag über: Minderjährigkeit im Kontext des europäischen und nationalen Flüchtlingsregimes

08.12.2014 um 18:00 Uhr

Vortrag im Oberseminar

 

Prof. Dr. Boris Nieswand (Universität Tübingen)

Minderjährigkeit im Kontext des europäischen und nationalen Flüchtlingsregimes

Der Vortrag beschäftigt sich auf Basis einer Feldforschung in einer deutschen Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) aus einer machtanalytischen Perspektive mit der Kategorie der Minderjährigkeit. In diesem Zusammenhang zeigen sich Ambivalenzen zwischen einer tendenziell abschreckenden und strafenden Form der Machtausübung im Rahmen des Grenzregimes und den biopolitischen Machtformen eines sich neu formie-renden Integrationsregimes. Während UMFs in den 1990er Jahren dominant nach dem Asylverfahrensgesetz als erwachsene Asylbewerber behandelt wurden, wird der Umgang nun prioritär nach den inklusiven Richtlinien der Jugendhilfe geregelt. So werden UMFs nicht mehr in Sammelunterkünften für Asylbewerber, sondern zunehmend in Kinderheimen untergebracht. Diese wiederum sind Kerninstitutionen eines pädagogisierten staatlichen Integra-tionsdispositivs, das das Ziel verfolgt, von dauerhafter wohlfahrtsstaatlicher Unterstützung unabhängige Subjekte hervorzubringen. Gleichzeitig bleibt im Fall der UMFs durch die rechtliche Doppelinklusion – Asyl- und Ausländerrecht sowie Jugendhilfe – eine tiefgreifende Ambivalenz bestehen. Diese wird den Jugendlichen als Preis für die zugleich realistische wie unsichere Zukunfts-hoffnung dargestellt, unabhängig von dem Ausgang des Asylverfahrens ihren rechtlichen Status in Deutschland durch Integrationserfolge verfestigen zu können. Auf diese Weise geschieht in den Heimen eine Transformation der Figur des Flüchtlings. Die Jugendlichen werden von exkludierenden Körpern unerwünschter Migranten, wie sie im Rahmen des abschreckenden Grenz-spektakels (De Genova) an den EU-Außengrenzen in Erscheinung treten, zu minderjährigen und damit schutzbedürftigen Subjekten mit einem zu kultivie-renden Integrations- und Leistungspotential. Ziel der machtanalytischen Per-spektive dieses Vortrags ist es nicht, das jugendamtliche Verfahren zu „ent-larven“, sondern den Umbau staatlicher Machtmechanismen im Rahmen eines zutiefst widersprüchlichen Flucht- und Migrationsregimes einer Soziologisie-rung zu unterziehen.

 

Wann?     Montag, 08. Dezember 2014 , 18 Uhr
Wo?         Institut für Ethnologie, Oettingenstraße 67, 80538 München
                Raum L155 (Obergeschoss) Lageplan

 

Für die Veranstaltungsreihe hat Herr Prof. Dr. Martin Sökefeld in diesem Semester ein vielseitiges Programm mit interessanten Themen und ReferentInnen zusammengestellt.

Der Überblick über das Oberseminar im Wintersemester 2014/15 finden Sie als pdf hier: [Link]

Mehr Informationen über Vorträge und Tagungen am Institut für Ethnologie für das Wintersemester 2014/15 finden Sie unter  „Veranstaltungen".

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