Ethnologie
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Mexiko-Stadt

Stadtviertelforschung, Kulturgeschichte und nationalstaatlicher Kontext

Über die Organisation Journeys beyond the Surface waren wir in Mexiko-Stadt im Viertel Santo Domingo de los Reyes in Gastfamilien untergebracht. Santo Domingo  ist eine colonia, die vor erst 40 Jahren durch eine der größten Landinvasionen Lateinamerikas entstanden ist und sich durch spezifische soziale Strukturen auszeichnet. Durch den engen Kontakt zu unseren Gastfamilien hatten wir bereits hier die Möglichkeit, erste ethnologische Forschungsmethoden, wie die teilnehmende Beobachtung sowie informelle und strukturierte Interviewformen, zu üben. Wir partizipierten am Alltag in Santo Domingo und halfen beim morgendlichen Milchverkauf mit, unterhielten uns mit Personen unterschiedlichen Geschlechts und Alters über ihre beruflichen Tätigkeiten und informierten uns über ihre Ansichten zur Geschichte und Entwicklung des Stadtviertels. Unsere Erfahrungen diskutierten, reflektierten und strukturierten wir regelmäßig in der Gruppe bei abendlichen Treffen mit Frau Dürr, die unsere Lehrforschung leitete.

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Die Gruppe bei der abendlichen Diskussion in Santo Domingo. Foto: Katharina Heppner

Während unseres Aufenthalts in Mexiko-Stadt befassten wir uns auch mit den Themen Urbanität, urbaner Wandel, städtische Armut und besuchten das als barrio bravo bekannte Viertel Tepito. Es gilt als eines der ärmsten und gefährlichsten der Hauptstadt und spielte in den 1950er Jahren durch die dort durchgeführten Studien von Oscar Lewis eine wichtige Rolle für die Entstehung der Stadtethnologie. Hier führte uns der Leiter des Centro de Estudios Tepiteños, Alfonso Hernández Hernández, durch die zahllosen Marktstände, auch tianguis genannt, und erläuterte die Geschichte, Struktur und Besonderheiten von Tepito. Heute ist das Viertel vor allem wegen seiner hohen Kriminalität und den dort feilgebotenen, geschmuggelten Waren aber auch wegen seiner kulturellen Veranstaltungen, wie Theateraufführungen, Foto- und Kunstausstellungen, bekannt. Außerdem trägt der dortige Kult der Santa Muerte zur Popularität des Viertels bei. An einem gläsernen Schrein wird hier die Verehrung des Heiligen Todes in Form eines Skeletts mit Totenschädel und Sense vollzogen. Zahlreiche Bewohner und Bewohnerinnen des Viertels, aber auch internationale Besucher und Besucherinnen, bitten an diesem Ort mit Opfergaben um Hilfe und Schutz – nicht selten im Zusammenhang mit kriminellen Aktivitäten.

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Altar der Santa Muerte in Tepito. Foto: Inga Braukmann 

Neben den methodischen Übungen befassten wir uns mit der Geschichte und kulturellen Vielfalt Mexikos. Herr Johannes Neurath führte uns durch das Museo Nacional de Antropología und informierte uns eingehend über Artefakte und materielle Kultur der Olmeken, Azteken und Maya. Den Rückbezug zur ethnologischen Feldforschungspraxis fanden wir im Ausstellungsteil über die gegenwärtigen mexikanischen Kulturen, wo uns Herr Neurath über seine Feldforschung bei den Huicholes berichtete. Ergebnisse seiner Forschungen sind hier nachzulesen. 

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Museo Nacional de Antropología in Mexiko-Stadt. Foto: Katharina Heppner

Einen weiteren Tag verbrachten wir mit der Besichtigung wichtiger archäologischer und religiöser Stätten. Zuerst fuhren wir nach La Villa, um die Basílica de Nuestra Señora de Guadalupe zu besuchen. Die Virgen de Guadalupe gilt aufgrund der besonderen Geschichte ihrer Erscheinung (sie soll im Jahre 1531 einem Indigenen namens Diego erschienen sein) als wichtiges Verbindungsglied zwischen der aztekischen Vergangenheit und dem christlichen Katholizismus. Sie verkörpert ein bedeutendes Symbol kultureller Identität in Mexiko, wird als Schutzpatronin und Nationalheilige des Landes verehrt und zieht zahlreiche Gläubige an, die teilweise kilometerweite Strecken auf Knien zur Basilika zurücklegen. Außerdem besichtigten wir die Ausgrabungen von Teotihuacán, dessen Blütezeit zwischen 300 n. Chr. und 650 n. Chr. datiert wird und hinsichtlich Kultur, Religion und Sprache noch immer Rätsel aufgibt. Darüber hinaus besuchten wir im Centro Histórico von Mexiko-Stadt den Templo Mayor, den Zócalo, die Catedrál Metropolitana und andere kulturhistorisch relevante Stätten, um die Kulturgeschichte und den nationalstaatlichen Kontext unseres Forschungsfeldes besser zu verstehen.

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Basílica de Nuestra Señora de Guadalupe in La Villa. Foto: Katharina Heppner

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Teotihuacán Foto: Katharina v. Sohlern


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